Spielerberater: Zwischen Seelsorger und Karriereplaner

Spielerberater haben einen miserablen Ruf. Dennoch sind sie im Fußballgeschäft allgegenwärtig – und das längst nicht nur im Profibereich. Ein Spielerberater aus Hannover offenbart im Sportbuzzer die Schattenseiten des Geschäfts – und wo Spielerberater wirklich sinnvoll sind.

Sie verhandeln in dunklen Abstellkammern mit den Fußballbossen? Sie tauchen überall dort auf, wo es Geld zu verdienen gibt und transferieren Fußballer ohne Grund von A nach B? Spielerberater haben einen recht zweifelhaften Ruf. Sie sind bei Fans und Vereinen in etwa so beliebt wie die Wettmafia. Doch sind sie wirklich so geldgierig und egoistisch wie alle behaupten?


Fünf Jahre bis in die Bundesliga

Ferzen Agirman ist Spielerberater. Der 34-jährige sitzt auf der Tribüne des Eilenriedestadions und schaut sich ein Spiel der U17 von Hannover 96 an. „Der Fünfer ist eine Bombe“, sagt er und notiert sich den Namen des Spielers auf einem Zettel. „Andere Berater schreiben bei so einem Spiel ein ganzes Notizbuch voll. Das brauche ich nicht, ich sehe ja auch so, ob der Spieler Talent hat“, sagt Agirman. Er beschließt spontan den Jungen nach Abpfiff anzusprechen. Auf seine Redegewandtheit kann er sich dabei verlassen: Der Burgdorfer tritt auf, als könnte er selbst Eskimos Kühlschränke verkaufen.

Agirman betreut derzeit neben seinem Beruf als Rechtsanwalt rund 25 Spieler größtenteils aus den vier Regionalligen der Bundesrepublik. Auch einige Spieler aus Hannover wie Adem Lukac oder Erhan Yilmaz vom TSV Havelse sind in seiner Kartei zu finden. Der ehemalige Landesligakicker, der sich selbst als Fußballfanatiker beschreibt, ist seit etwa drei Jahren in der Branche am Ball und hofft irgendwann sein Hobby zum Beruf machen zu können. „Fünf Jahren braucht man als Berater mindestens bis man oben angekommen ist. Derzeit läuft das Geschäft gut, alleine leben, kann ich davon aber noch nicht“, sagt Agirman.

Sein dickster Fisch ist derzeit Pierre Webó, der in der Türkei bei Fenerbahce Istanbul spielt und den er über eine Kooperation mit einem anderen Spielerberater auf dem deutschen Markt anbieten kann. Vor einigen Jahren hätte Agirman den 32-jährigen Kameruner beinahe zum 1. FC Köln transferiert, doch der Wechsel ist gescheitert.

Unseriöse Berater schaden dem Ruf der Branche

Der junge Anwalt kann den schlechten Ruf der Branche durchaus nachvollziehen. „Es gibt einige, die unseriös sind“, sagt Agirman. Dass seien vor allem die Berater, die vom DFB keine offizielle Lizenz erworben haben und machen, was sie wollen. Dies ist vor allem dadurch problematisch, dass das Prinzip, wie ein Spielerberater seine Brötchen verdient, zu Tricksereien verleitet: „Das funktioniert wie beim Makler. Wird ein Vertrag unterschrieben, gibt es Geld. Vorher passiert gar nichts“, erklärt Agirmann.

Es ist daher keine Seltenheit, dass Berater ihre Spieler ständig bei einem neuen Verein unter Vertrag bringen wollen – denn dann winkt wieder eine gute Provision. „Das ist aber der falsche Weg. Wenn sich ein Spieler bei einem Verein wohlfühlt und regelmäßig spielt, dann sollte er nicht wechseln.“

Ganz abstrus wird es, wenn Berater Spieler vermitteln wollen, die gar nicht bei ihnen unter Vertrag stehen. „Das geht teilweise zu wie auf dem Finanzmarkt“, sagt der 34-Jährige.

Andere wiederum würden sich selbst kleinen talentierten Kindern im Alter von elf Jahren anbiedern oder zusätzlich bei den Spielern Geld abzapfen, obwohl sie bereits durch den Verein finanziert werden.

Berater sind nicht nur Karriereplaner

Wieso verzichtet man dann nicht einfach ganz auf Spielerberater? „Spielerberater sind auf jeden Fall sinnvoll, selbst für Spieler aus der Regionalliga“, sagt Agirman und verweist auf die Erwartungen, die sich – auch unterhalb der Bundesliga – längst nicht nur aufs Sportliche beschränken. Damit ein ambitionierter Fußballer auch in höheren Ligen bestehen kann, sollte er – neben dem nötigen Talent – auch ein gewisses Mindestmaß an Disziplin mitbringen, über ein sichereres Auftreten in der Öffentlichkeit verfügen und sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein. „Da bleibt fast keine Zeit mehr, sich professionell um die eigene Laufbahn zu kümmern“, sagt Agirman.

Doch nicht nur die Karriereplanung gehört zu den Aufgaben des Spielerberaters. Er hat zu jeder Zeit für den Spieler da zu sein, wenn er mal wieder nicht spielt, sich verletzt oder mit dem Trainer angelegt hat. „Mir vertrauen die Spieler mehr an, als ihren Eltern. Das nervt manchmal ein wenig, ist aber dennoch wichtig.“

Richtig wertvoll wird ein Berater aber dann, wenn ein Spieler bei seinem Verein unzufrieden ist. Dann kann er sein großes Netzwerk bedienen und findet im besten Falle für den Kicker einen neuen Klub. Agirman selbst besitzt Handynummern von allen Chefscouts und sportlichen Leiter von der ersten Liga bis in die Regionalliga. Nur von Borussia Dortmund hat er keine Kontaktdaten. „Als Bayern-Fan kann ich den Verein nicht unterstützen“, sagt er.

Eine zentrale Rolle spielen die Berater auch bei den späteren Vertragsverhandlungen. „Ein Berater tritt bei Gehaltsverhandlungen ganz anders auf und kann eventuell mehr herausholen.“

Fußballer am Existenzminimum

Dass sei in den unteren Klassen auch bitter notwendig. In der Regionalliga gibt es bei vielen Vereinen nur 150 Euro bis 500 Euro Grundgehalt im Monat, obwohl die Spieler teilweise einen großen Teil ihrer Zeit für den Sport opfern. Selbst bei den U23-Mannschaften der Profiklubs bleiben die jungen Talente meist unter dem Hartz IV Satz. „Das ist ein Unding. Die Vereine zahlen ihren Spielern in der ersten Liga Millionen. Die Fußballer in der U23 müssen dagegen noch von ihren Eltern unterstützt werden, obwohl sie fast dasselbe leisten wie die Profis“, sagt Agirman, der selbst einem Schützling mal über sechs Monate die Miete bezahlt hat.

Ein weiteres Problem sei die Hinhaltetaktik der Vereine. „Die erklären dem Spieler die ganze Saison, dass sie ihn behalten wollen. Wenn es dann an das Eingemachte geht, wird nicht mehr mit ihm geplant“, beschreibt der Burgdorfer das Vorgehen der Vereine. Der Spieler ist dann plötzlich arbeitslos und hier kann ein Berater die Existenz des Sportlers retten.

Bei der Nummer Fünf, die Agirman beim Spiel der U17 von Hannover 96 beobachtete, hat es leider nicht geklappt. Das junge Talent hat bereits einen Berater. Ferzen Agirman muss also weiter auf den Sportplätzen in ganz Deutschland Ausschau nach dem Juwel halten, mit dem er zusammen den Durchbruch schaffen kann.

Quelle: Sportbuzzer